THIS WAS PEACECAMP - AnnPhie, artist4peace

Das war das PeaceCamp 2014
(AnnPhie Fritz, Artist4Peace)

Seit einem halben Jahr oder etwas mehr, wusste ich, dass ich die Arts4Peace Workshops des diesjährigen Peacecamps leiten sollte. Angefangen hat alles mit einer e-mail: Ob ich jemanden aus dem Theaterbereich kennen würde, oder selber Lust hätte, mich als Trainerin am PeaceCamp zu beteiligen. Auf meine Zusage folgten gefühlte tausend E-mails. Ich sollte mir jemanden Zweites suchen, da es sich um eine große Gruppe Jugendlicher handeln würde. Wir sollten uns einen Stundenplan überlegen, ein Konzept, könnten uns an vorangegangenen PeaceCamps orientieren, eine Materialliste erstellen, ehemalige WorkshopleiterInnen treffen...kurzum: Das PeaceCamp 2014 hat für mich 2013 begonnen. Wir (mein Kollege Lukas Hauptfeld und ich) waren gut vorbereitet –aber gewusst, was uns erwartet, haben wir trotzdem nicht wirklich.

Am ersten Tag war es noch eine anonyme Masse von Jugendlichen, die man motivieren musste, um 09:00 morgens über den Boden zu rollen oder auf Stühlen zu stehen (als ob ich sonst um diese Zeit zu gebrauchen wäre!), aber mit jedem Tag wurden sie ein Stück offener, ein Stück entspannter, und mit jedem Tag gewannen die vielen Gesichter an eigenen Kontouren, an die Stelle einer großen Gruppe traten zweiunddreißig Individueln, , mit eigenen Namen, Geschichten, Stärken und Schwächen und Kommunikationswillen. Die ersten beiden Tage hatten wir nach dem Frühstück ein und halb Stunden, für ein Warm-up, sowie Spiele zur Stärkung der Gruppendynamik. Danach ging es zur großen Diskussionsrunde und nach dem Mittagessen zum täglichen Teammeeting, bei dem die WorkshopleiterInnen und die Verantwortlichen der einzelnen Gruppen die Vorkomnisse der Diskussionsrunde und andere anstehende Themen besprachen. Nicht selten waren diese Meetings genauso emotional, wie die Diskussionsrunden selbst. An den ersten beiden Nachmittagen waren es wieder wir Artists, die den gesamten Nachmittag über Spiele aus dem Theater- (Konzentration, Vertrauen, Gruppengefüge) und Musikbereich (Stomping, Rhythmik und wieder dieses Gruppengefühl) veranstalteten. An den Abenden fanden die im Vorhinein vorbereiteten „Culture Evenings“ der einzelnen Delegationen statt, beziehungsweise, am zweiten Abend die sogenannte Talentshow, bei der sämtliche Jugendliche, einzeln oder in Gruppen auf die Bühne gingen um Lieder vorzutragen, einen Armdrückwettbewerb zu zelebrieren oder Zaubertricks zu erklären... auch diese galt es zu organisieren.

Den Mittelteil des Peacecamps bildeten die Talks4Peace. In diesen drei Tagen waren die Jugendlichen nur in den einundhalb Stunden nach dem Frühstück uns Artists zugeteilt. Dafür hatten wir uns eigens Projekte überlegt: Das bauen von Masken, am Gesicht einer anderen Person, das große Mandala, bei dem zu zweiundreißigst ein Motiv entworfen, sowie mit Dekorsteinen und Schotter auf den Boden gemalt wurde und nicht zuletzt der Mission Impossible Parcours, bei dem die Jugendlichen Aufgaben erledigen mussten, die darauf abzielten, sich als Gruppe zu verhalten. Eine Aufgabe bestand zum Beispiel darin, mit „Gadgets“, die sie in einem großen Netz sammeln konnten, in Gruppen rohe Eier so zu verpacken, dass diese, ohne Schaden zu nehmen einen Abhang hinunter geworfen werden konnten. Übrigens haben es alle Eier schadlos überstanden.
In den letzten beiden Tagen galt es schließlich (was die Artists anging), die Show4Peace vorzubereiten: Ein Konzept wurde anhand allen gesammelten Gedanken- und Erlebnismaterials erdacht, vorgestellt, besprochen und dann wurde zwei Tage lang intensiv am Vor- und Nachmittag geprobt (die große Diskussionsrunde, sowie die Teammeetings fanden weiterhin ganz normal statt), nach dem Abendessen dann erste Durchläufe. Die TeilnehmerInnen waren unfassbar motiviert und konzentriert, nach zehn Tagen waren nicht nur sie uns, sondern auch wir ihnen ans Herz gewachsen und alle wollten gemeinsam an einem Strang ziehen, um etwas auf die Beine zu stellen.

Das Ziel der Artists4Peace war es, abseits von Diskussionen das Gefühl zu vermitteln, gemeinsam etwas zu erleben, dass nur die Leute, die dabei waren, verstehen können, dieses Gefühl von Verbindung, dass besonders dann entsteht, wenn man zusammen Dinge durchlitten (um 09:00 morgens durch den Wald klettern!), Erfolgserlebnisse (Aufgabe erledigt, Pause!) geteilt und sich gegenseitig untersützt und etwas erschaffen (Show vor viel Publikum, alle sind nervös) hat. Die Diskussionen gehen weiter, vor allem bei den Gruppen aus dem Nahen Osten zeigen die Posts auf Facebook etc, dass die perfekte Enklave, die das PeaceCamp schafft, nicht andauert und dass es unmöglich ist, Leute gegen Manipulation abzusichern. Aber die Erinnerung an die Möglichkeit, miteinander umzugehen ohne einander zu umgehen, beziehungsweise der Beweis der Nicht Unmöglichkeit, bleibt bestehen.

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THIS WAS PEACECAMP - Evelyn, warrior4peace

I came here to listen - peacecamp 2014 in Lackenhof

http://www.hagalil.com/archiv/2014/07/22/peacecamp-5/

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I came here to listen - peacecamp 2014 in Lackenhof

I came here to listen
peacecamp 2014 in Lackenhof

32 Jugendliche und 13 Erwachsene begannen ihre Sommerferien im malerischen, 800 Meter hoch gelegenen Örtchen Lackenhof am Ötscher, fernab von Krieg, Gewalt, Konsum und Internet.

Anstatt Surfen, Radfahren, Disko und Chillen stand ein dichter Stundenplan am Programm; zur Begrüßung wurde den jungen jüdischen, palästinensischen, österreichischen und ungarischen TeilnehmerInnen gesagt, dass peacecamp kein Feriencamp, sondern „harte Arbeit“ sei, was ein sehr dichter, sie von früh morgens bis spät abends beschäftigender Stundenplan, der alle Wände des „Jungen Hotels“ schmückte, verdeutlichte.

Sie waren gekommen, um zu sagen, was sie denken, aber auch, um „neue Sichtweisen“ auf bekannte Probleme, „eine andere Perspektive“, „Denkanstöße“ zu bekommen.

Im Vorfeld hatten sie sich schon zu „4 Fragen zum Thema Frieden“ Gedanken gemacht: Was das Wort „Frieden für sie, in ihrem jeweiligen eigenen Lebenskontext, bedeutete, was die Hindernisse zu einem friedvolleren Leben im eigenen Umfeld seien, was sie bereits selbst dazu beigetragen hätten und in der Zukunft beitragen könnten, das eigene Lebensumfeld friedvoller zu machen.

Ihr Wunsch, über andere Kulturen zu lernen, neue Freunde zu gewinnen, Spaß zu haben würde sich erfüllen, versprach man ihnen, doch würden sie sich in den bevorstehenden 11 Tagen mit großer Ernsthaftigkeit unterschiedlichen „Mission impossible Aufgaben“ stellen und schwierige Themen debattieren; sie würden dabei stets eine Haltung gegenseitigen Respekts bewahren und von aggressiven Entgleisungen Abstand nehmen müssen.

Eine „Mission impossible Aufgabe“, die im Vorfeld viele Debatten auslöste, stellte sich für das Organisationsteam, weil peacecamp diesmal mit dem Ramadan zusammenfiel. Wie konnte man dies nutzen, um den teilnehmenden Jugendlichen der anderen Gruppen diesen für Moslems so wichtigen Feiertag begreiflich zu machen, vor allem aber, wie konnte man jene, die Ramadan hielten, eigene Essenszeiten ermöglichen, sie aber zugleich in die Gruppe integrieren, ohne sie in eigene Schlafräume zu segregieren oder sie von gemeinsamen Aktivitäten auszuschließen? Würden sie sich, trotz des Fastens, den Aufgaben und Aktivitäten des peacecamps stellen, alles mitmachen können oder würde sie das überfordern, womöglich ihre Gesundheit gefährden?

Sehr entgegenkommend in dieser Hinsicht war das uns beherbergende „Junge Hotel Lackenhof“, das nicht nur bereit war, für die fastenden Muslime eine Morgenmahlzeit um 4 Uhr Früh und ein Fastenbrechen um 21 Uhr bereit zu stellen, sondern auch manch andere Wünsche – etwa nach vegetarischem, veganem und weizenfreiem Essen - zu erfüllen.

In gemeinsamen, kulturell gemischten Schlafräumen fanden sich Jugendliche aller teilnehmenden Gruppen, Nationen und Religionen wieder und bekamen Gelegenheit, einander in der Intimität der geteilten Räumlichkeiten in anderer Weise zu begegnen, Freundschaften zu vertiefen oder sich nach den hitzigen, oft tränenreichen, wütenden Debatten zu versöhnen. Die vom Gruppenanalytiker Dr. Silvio Gutkowski geleitete „Großgruppe“ bot Gelegenheit, sich im geduldigen Zuhören, im respektvollen Debattieren zu üben, wobei es schon passieren konnte, dass eine Tür zugeknallt, der Saal verlassen und so manche Träne der Wut, der Verzweiflung oder Ohnmacht vergossen wurde. Abends jedoch, wenn wir Erwachsenen in unserem Trakt und die Jugendlichen unter sich waren, riefen sie, wie wir später erfuhren, zu einer eigenen „large group“ auf und fanden so eigene, möglicherweise adäquatere Ausdrucksmöglichkeiten für das komplexe Zusammenspiel der alten nationalen Konflikte und den sich hier entwickelnden neuen Freundschaften.

Im Zentrum des peacecamps standen an drei langen Nachmittagen „talks4peace“ am Programm, an denen Fragen der eigenen Identität, nationale Konflikte, die in den jeweiligen eigenen Ländern vorherrschende Haltung gegenüber „Anderen“ (Minderheiten, Zuflucht suchenden, Nachbarstaaten, etc.) reflektiert und debattiert werden konnten. Hochrangige ExpertInnen und versierte PädagogInnen halfen den Jugendlichen, sich ihren jeweiligen Narrativen der gemeinsamen Geschichte zu stellen, aber auch, an einer Art „Hyde Park Corner“ ihre persönlichen Vorstellungen von einer neuen Gesellschaft, einer neuen Art des Gemeinschaftslebens, einem neuen Umgang mit alten Problemen darzulegen. Im Zentrum dieser „Friedensgespräche“ standen die schon im Vorfeld vorbereiteten Fragen zum Thema des israelisch-Palästinensischen Konflikts, zu den Richtlinien und Gründungsprämissen der Europäischen Union und deren Umsetzung in den am peacecamp vertretenen Ländern.

Die wichtigste, in vielfacher Form wiederkehrende Frage war die nach der ganz persönlichen Bereitschaft jedes Einzelnen, sich im eigenen Lebensbereich und Umfeld für ein besseres, friedlicheres, auf Toleranz und Respekt basierendes Zusammenleben zu engagieren: „Was kannst DU persönlich dazu tun, dass sich das ändert, damit das besser wird“. In diesem Zusammenhang wurden Fragen der Loyalität zur eigenen Familie, der eigenen Gruppe, dem eigenen Volk ansprechbar und die Konflikte sichtbar, die sich ergeben, wenn junge Menschen zu einer eigenen, auf das eigene Rechtsempfinden und Urteilsvermögen basierenden Haltung finden und nicht nur wiedergeben, was sie durch Erziehung und Bildungssysteme verinnerlicht haben. In diesem Zusammenhang bot sich ein Realitätstest – nicht nur in den dafür vorgesehenen peacecamp-Debatten, sondern auch, vielleicht vor allem, in den spät abendlichen Begegnungen der Jugendlichen miteinander: in der Vertrautheit des Miteinanders in den Sitzecken, den Schlafräumen, der geteilten Erlebnisse konnte man erfahren, wie ähnlich (oder unähnlich) Vertreter der jeweils anderen Gruppe, aber auch, wie völlig unterschiedlich – oder ähnlich – Mitglieder ein und derselben Gruppe sein konnten. Dies gab Gelegenheit, mitgebrachte, tradierte Vorurteile an der Realität zu messen und vielleicht zu neuen Erkenntnissen zu gelangen.

Nein, es wurde nicht nur gestritten, debattiert und philosophiert am peacecamp.
Zwei junge Künstler – Annphie und Lukas sorgten mit morgendlichen „I feel good“ Übungen für einen lustvollen Start in den Tag; kreative Aktivitäten (Masken bilden, Szenen proben, Choreographien, eine Dosen- Besen Percussion-Darbietungen entwickeln), vier Kukuturabende sowie Geschicklichkeitsspiele im Wald boten Gelegenheit, in kreativer Zusammenarbeit spürbar zu machen, was entstehen und bewältigt werden kann, wenn man die vorhandenen Ressourcen zusammenlegt und sich gemeinsam, nicht gegeneinander, Problemen stellt.

Den Abschluss bildeten zwei Multimedia Veranstaltungen unter der Regie von Annphie Fritz, mit Lukas Hauptfeld, Caroline Koczan und den TeilnehmerInnen von peacecamp 2014

show4peace/Lackenhof und show4peace/Vienna
https://www.youtube.com/watch?v=_MdWySI4TEM

Gerald Muthsam hat peacecamp 2014 als Video-Film aufgezeichnet:
https://www.youtube.com/watch?v=lGfbq9C6SCo (Teaser, 8 Minuten)
https://www.youtube.com/watch?v=VMvw7JKkWng (Langfassung, 48 Minuten)

Evelyn Böhmer-Laufer
http://2014.peacecamp.net

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